Das Jahr 1984 war eines der ereignisreichsten Jahre der Heimcomputer-Geschichte.
In diesem Jahr sollten Ereignisse geschehen, die bis heute noch nachwirken.
Am 9.1.1984 präsentierte Apple seinen zweiten Versuch eines Computers mit
grafischer Benutzeroberfläche: Den Apple Macintosh, der auch heute noch als
Synonym für den benutzerfreundlichen Cmputer zählt. In das Gehäuse war ein
kleiner 10-Zoll s/w-Monitor eingebaut, in dem auch eine 3,5-Zoll Floppy Platz
fand. Der Macintosh verwendete den 16/32-Bit Prozessor Motorola 68000 und wurde
schnell zum Traumcomputer, den sich wegen seines Preises kaum jemand leisten
konnte.
Am Freitag den 13.1. kam es zum Wechsel an der Spitze des Marktführers Commodore.
Nach einem heftigen Streit mit Mehrheitsaktionär Irving Gould verließ Firmengründer
Jack Tramiel die Firma und ließ sich mit mehreren Millionen auszahlen. Wenige Tage später folgten
ihm vier Top-Manager und noch etwas später folgten ihm der C64-Erfinder Shiratz
Shivji und Alwin Stumpf, sowie weitere Hardware-Designer.
Zur selben Zeit siechte eine andere Legende ihrem Ende entgegen. Atari, die
Firma, die den Videospielboom auslöste, machte hohe Millionenverluste. Der
Gründer Nolan Bushnell, der die Firma schon 1982 an Warner Brothers verkaufte, war
schon nicht mehr dabei. Das Geschäft mit den Atari-Computern lief sehr schlecht
und diverse Prototypen, die nie auf den Markt kamen verschlangen hohe Kosten.
Zudem waren einige Mitarbeiter überbezahlt und Atari leistete sich einen stattlichen
Fuhrpark. Pro Tag machte Atari damals schätzungsweise eine Millionen Dollar Verlust.
Atari war schon fast Geschichte, als im Sommer die Bombe platzte: Jack Tramiel
übernimmt Atari, seinen ehemaligen Hauptkonkurrenten, von Warner. Auf Rache aus,
wollte er mit Atari einen Feldzug gegen Commodore führen. Bei Atari standen als
erstes Massenentlassungen ins Haus. Er entließ große Teile der Verwaltung (von 700
Personen blieben 15 übrig) und verstärkte die Entwicklungsabteilung. Die ganzen
Prototypen verschwanden in der Schublade, die Preise für die XL-Serie wurden
radikal gesenkt, was noch einmal zur Renaissance dieser Rechner führte. Viele seiner
ehemaligen Commodore-Mitarbeiter wechselten mit zu Atari. Gegen den C64 wollte er eine
neue Computer-Generation setzen. Nachdem seine Versuche, den Amiga zu kriegen scheiterten,
gab er seinen Technikern den Auftrag, ebenfalls einen 16-Bitter zu entwickeln: Den Atari ST.
Im Herbst kündigte Jack Tramiel den Computer an und im Januar 1985 war
der Computer nach sechsmonatiger Entwicklungszeit fertig.
Namhafte japanische Firmen (und ein paar koreanische & europäische) planten die Invasion auf
den europäischen und amerikanischen Computermarkt. Verbündet haben sie sich
dabei mit Microsoft, die gerne den Heimcomputermarkt unter ihre Kontrolle bringen
wollten. Nach dem Vorbild von IBM entwarfen sie einen Heimcomputer-Standard, der nach dem
gemeinsamen Basic benannt wurde: Microsoft Extended Basic.
Jeder Hersteller verlieh seinem MSX-Computer dabei eine persönliche Note: Yamaha
baute ihren MSX-Computer z.B. mit MIDI-Schnittstelle und FM-Synthesizer-Modul. Philipps,
eine der wenigen nicht-japanischen Firmen, beschäftigte sich mit der Verbindung von
MSX-Computern, Videorekordern und Laserdiscplayern, also mit dem, was sich heute
´Multimedia´ schimpft. Das Resultat waren über 40 Computer, mit gleichen technischen
Daten. Die Kritiker lobten die Computer, vor allem die Kompatibilität
und das Basic. Die Hauptkonkurrenten - C64 und Atari XL - waren jedoch technisch
besser und auch wenn die MSX-Computer anfangs Preisvorteile hatten, wurden sie
jedoch schnell durch den Preisverfall bei Atari und Commodore zunichte gemacht.
Und im oberen Preissegment lauerte schon der Atari ST... Selbst alle Computer zusammengerechnet
hatten keine Chance gegen den C64, dessen Marktpräsenz offensichtlich von Microsoft, den MSX-Firmen
und einigen Journalisten unterschätzt wurde.
Sir Clive Sinclair wollte sich 1984 ebenfalls nicht zurückhalten. Nach dem
ZX80, ZX81 und ZX Spectrum präsentierte er den Sinclair QL.
QL steht für "Quantum Leap" (englisch: Quantensprung) und deutete einen hohen technologischen Sprung an.
Als CPU besaß der Computer einen seltsamen 8-Bit/32-Bit Zwitter, den 68008 von
Motorola. Ausgeliefert wurde er mit einem kompletten Softwarepaket, mit dem
man sofort loslegen konnte. Der QL hatte im Gegensatz zu seinen Vorgängern auch
eine richtige Schreibmaschinentastatur. Zwei Laufwerke hatte der QL eingebaut,
sogenannte "Microdrives", eine kaum streicholzschachtelgroße Endloskassette.
Multitasking beherrschte der QL auch, es war sogar von Basic aus zu programmieren.
Der QL wurde trotz seiner technischen Überlegenheit und seines Preises von 2000
Mark ein Mißerfolg.
Der Hi-Fi-Hersteller Schneider kündigte zusammen mit Amstrad den
Schneider CPC an, ein weiterer Konkurrent des C64.
Er konnte sich zwar einigermaßen absetzen, konnte aber seinen Konkurrenten nicht schlagen.
Als erster 8-Bit Computer hatte er 80 Zeichen/Zeile serienmäßig. In einigen Ländern verkaufte
er sich allerdings so gut, daß fast jedes Spiel als CPC-Version erschien.
Commodore blieb ebenfalls nicht stumm und präsentierte die Computer C264 und
C364. Der C264 erschien mit langer Verspätung als Plus 4 erschienen. Sein kleiner
Bruder, der C16, war eigentlich als Nachfolger des VC20 gedacht, aber sie wurden von der Presse
und den Käufern nur mit dem C64 verglichen, was sie trotz einiger Vorteile als Sparversion
von Commodores Bestseller erschienen ließ. Der Plus 4 war als Bürocomputer gedacht und bot
eine gute Tastatur und eingebaute Software. Das nützte ihm jedoch wenig, beide wurden 1987 zu
Billigpreisen verkauft.
Die französische Firma Thompson versuchte ebenfalls ihr Glück auf dem Heimcomputer-Markt.
Es sollte ein große Offensive werden, der die Inkompatiblitäten der Computer
untereinander lösen sollte. Im Gespräch war eine Kooperation von Thomson und
Philips (die sich dann doch lieber MSX verschrieben), Hersteller wie Grundig,
Nordmende und Saba waren auch im Gespräch.
Erlangten ihre Computer TO7/70 und MO5E auf
dem französischen Computermarkt befriedigende Verkaufszahlen, wurden sie in
Deutschland von den Käufern links liegen gelassen.
IBM war sich nicht schade genug, sich bis an die Knochen zu blamieren. Sie stellten
als Heimcomputer einen Kinder-Computer für rund 4000 Mark vor, den PC Junior. Selbst
IBMs Techniker haben sich über den Junior lustig gemacht und ihm den Spitznamen
"Peanut" verpaßt. Ein Infrarot-Keyboard, daß scheinbar seinen eigenen Willen hatte und
ein Laufwerk gehörten zu seiner Austattung. Die Tastatur soll derart katastrophal gewesen
sein, daß IBM eine Umtauschaktion anbot. Doch der PC Junior geriet zum finanziellen
Fiasko. IBMs Image vom unbesiegbaren Konzern hatte einen schweren Schlag erlitten.
1984 war übrigens auch ein blamables Jahr für viele Journalisten, die den neuen
Heimcomputerstandard MSX oder PC-Junior propagierten und sich bei ihren Prognosen
allzu sicher waren...
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